Die Digitalisierung in der Baubranche und im öffentlichen Beschaffungswesen erhält neuen Schwung: Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) macht den Ausschreibungsprozess effizienter, präziser und deutlich zeitsparender. Eine neu entwickelte Technologie ermöglicht es, Leistungsverzeichnisse und Ausschreibungsunterlagen automatisch zu lesen, Informationen strukturiert aufzubereiten und ein erstes Ausschreibungsdokument zu erstellen – als Grundlage für die finale Prüfung und Anpassung durch Spezialisten.
Das System analysiert umfangreiche Ausschreibungsunterlagen, identifiziert relevante Positionen, Mengen und Leistungsverpflichtungen und überführt diese in strukturierte Ausschreibungsformate. Dabei werden auch semantische Zusammenhänge berücksichtigt, um Missverständnisse oder Fehlinterpretationen zu vermeiden. Das Ergebnis: ein fertiger Angebotsentwurf, der von Menschen geprüft, angepasst und finalisiert werden kann.
Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn hat in Zahlen belegt, dass die größten Kosten für Unternehmen in der Recherche-, Dokumentations- und Ausschreibungsphase entstehen. Allein bei Kleinstunternehmen betragen die durchschnittlichen Kosten pro Ausschreibung rund 3.070 Euro. „Was früher Stunden oder gar Tage manueller Arbeit in Anspruch nahm, lässt sich heute in wenigen Minuten erstellen“, sagt Isabell Claus, Geschäftsführerin des europäischen KI-Unternehmens thinkers.ai. „Unsere KI unterstützt nicht nur die schnelle Bedarfserfassung, sondern verschafft dem Fachpersonal auch mehr Zeit für strategische Entscheidungen, Qualitätssicherung und maßgeschneiderte Angebotsgestaltung.“
Die Anwendung richtet sich an Bauunternehmen, Planungsbüros, Dienstleister und Großhändler, die regelmäßig an Ausschreibungen teilnehmen – insbesondere in Bereichen mit standardisierten Leistungsverzeichnissen wie Hochbau, Tiefbau und Anlagenbau sowie Facility Management.
Neben der Effizienzsteigerung bietet die Technologie auch Compliance-Vorteile: Durch die strukturierte Datenerfassung wird die Nachvollziehbarkeit der Angebotserstellung verbessert und die Fehlerquote deutlich gesenkt. Zudem ermöglicht sie die Erfüllung wachsender Anforderungen in der Angebotsabwicklung – etwa im Hinblick auf kürzere Fristen, steigende Dokumentationspflichten oder zunehmend komplexere Ausschreibungen.
Dabei steht nicht die vollständige Automatisierung des Prozesses im Vordergrund, sondern die gezielte Entlastung des Fachpersonals. Durch die Kombination aus künstlicher Intelligenz und menschlicher Expertise entsteht ein hybrides Modell, das technologische Leistungsfähigkeit mit professioneller Präzision verbindet – und damit einen wegweisenden Schritt im digitalen Ausschreibungsmanagement markiert.